Scheiß doch was aufs Klima

„Es ist schwer, ehrenamtlich die Welt zu retten, wenn andere sie hauptberuflich zerstören.“
Dr. Eckart von Hirschhausen, Arzt und Stiftungsgründer

So, so. Bill Gates schwenkt jetzt auch in einen besser mit den aktuellen politischen Forderungen kompatiblen Tonfall ein und gibt den Klimaschutz als wichtigste Herausforderung der Menschheit auf. Pfeif doch was auf Paris. Die nächsten zwanzig, dreißig Jahre ist es in vielen Bereichen der Welt ja noch halbwegs erträglich, länger leben die Menschen, die heute Entscheidungen treffen eh nicht mehr. Nach uns die Sintflut. Für manche vielleicht im wahrsten Sinne des Wortes.

Letztendlich ist die Entscheidung des Microsoft-Mitbegründers aber eigentlich ja nur konsequent. Um ganz ehrlich zu sein, spätestens seit 2023 bröckeln auch meine persönlichen Ambitionen, die Welt retten zu wollen, langsam aber sicher vor sich hin. Als das eigentlich längst tot geglaubte Ost-West-Säbelrasseln mit der Annexion der Ukraine 2014 wiederbelebt wurde, flackerte noch eine Flamme der Hoffnung in vielen. Die Selbstverständlichkeit, mit der die internationale Gemeinschaft die Selbstbedienungsaktion Russlands einfach hinnahm, hätte jedoch eigentlich schon ein Warnzeichen sein sollen. Aber auch für mich war das weit weg. Irgendeiner wird sich schon kümmern. Das wird schon seine Richtigkeit haben.

Doch das einzige wirklich von der Aktion ausgegangene Signal war in Richtung Kreml gerichtet: weiter so, stört keinen. Dass man sich dann dort geschlagene acht Jahre Zeit gelassen hat, den nächsten Schritt in Richtung eines großrussischen Zarenreichs zu unternehmen, ist ja fast schon eine schwache Leistung. Und was passierte dann 2022? Genau das Gleiche, wie schon 2014. Wird schon irgendjemand klären. Ist ja weit weg. Okay, zugegebenermaßen lief in all der Zeit im Hintergrund die Propagandamaschine auf Hochtouren. Alles, was in dem als „Westen“ bezeichneten Teil der Welt auch nur halbwegs nationalistisch und populistisch ausgerichtet war, wurde mit einer Flut an technischer und finanzieller Unterstützung zugeschüttet, dass jedes einzelne Land ausreichend eigene, interne Ablenkung zu bewältigen hatte.

Im Jahr 2023 hätte ich dann aber doch tatsächlich langsam ein Aufbegehren „des Volkes“ erwartet. Wo blieben die Solidaritätsbekundungen? Wo blieben die Proteste? Überall viele Worte, aber nirgendwo wirklich sichtbare Taten. Ging es vielleicht tatsächlich allen Menschen wie mir selbst, komplett beschäftigt mit der Lösung eigener Probleme, fluchend drauf wartend, dass „irgendjemand“ schon etwas Kluges unternehmen wird. Hätte ich damals einfach meine Arbeit Arbeit sein lassen sollen und einen Aufruf in die Welt schreien sollen, dass sich Menschen, einfache Privatleute, zusammentun und zu Hunderten, besser zu Tausenden in ihr Auto steigen und in die Ukraine fahren. Wenn die Politiker es von sich aus nicht hinbekommen, einfach eine Situation schaffen, in der Russland nicht ein ehemaliges Ostblockland angreift, sondern faktisch zig tausende EU-Staatsbürger in Gefahr sind. Es mag sein, dass der Krieg dadurch kurzfristig eskaliert wäre. Aber durch den Handlungsdruck nach oben wäre er definitiv inzwischen längst beendet.

So bleibt es jedoch weiterhin bei einem Verschleiß an Mensch und Gut ohne jeden Nutzen für die einfache Bevölkerung. Die Rüstungsindustrie reibt sich die Hände. Und jedes Unternehmen, das irgendetwas mit Wiederaufbau zu tun haben wird, steht bald in den Startlöchern. Leute, kauft Aktien von Unternehmen, die in Straßenbau und Wohnraumschaffung tätig sind, die werden in ein paar Jahren der Renner. Und wir haben dann die nächste Ausrede, warum unsere Brücken nicht saniert werden können. Aber das ist ein anderes Thema.

Ich hatte es ja eigentlich vom Klima. Bis zu 800 Panzer sind seitens der Ukraine im Einsatz, so sagt es mir Google gerade. Nehmen wir uns exemplarisch das berühmte deutsche Spitzengefährt in Anschein, den Leopard 2. Ganz abgesehen von dem immensen Herstellaufwand eines solchen Vernichtungsungetüms sind auch die Transportkosten zu Lasten der Natur ein Brecher. Aber selbst wenn man es auf den reinen tagtäglichen Betrieb reduziert, sollte einem schwummrig vor Augen werden: im Geländebetrieb legt das Gefährt einen Verbrauch von über 500 Litern auf 100 Kilometern an den Tag. Nochmal: fünfhundert! Ganz ohne Rußfilter und Feinstaub-Plakette. Ausnahmslos nur dazu verblasen, um irgendetwas kaputt zu machen, was später unter erneuter enormer Emissionsproduktion wieder aufgebaut werden muss. Jetzt nur mal ganz grob und ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit überschlagsmäßig hochgerechnet auf alle Panzer, Lkws, Flugzeuge und all den anderen Krams, der da auf beiden Seiten der Grenze vor sich hin stänkert…

Und dann soll ICH mir ein schlechtes Gewissen machen, weil mein Pickup im Straßenverkehr oder mein Holzofen im Wohnzimmer irgendwie verhindern, dass Deutschland seinen Anteil am Erreichen des Klimaziels verfehlt? Echt jetzt?

Wir buddeln auf jeder zweiten Baustelle in den Großstädten bis heute noch irgendwelche schlummernden Fliegerbomben aus dem 80 Jahre zurückliegenden Weltkrieg aus. Achtzig Jahre und kein Ende abzusehen. Und was macht der Homo angeblichintelligensis? Er schmeißt weiterhin tausende und abertausende Bomben in die Landschaft. Irgendeiner wird sie irgendwann schon wegräumen. Vollkommen ohne Umwelt-Einwirkung, versteht sich. Ja, ja.

Mir ist das Wohlergehen unseres Planeten definitiv ein Anliegen, nicht falsch verstehen. Aber mir fehlt doch ziemlich der kollektive Ansatz der Weltrettung. Es langt nicht, dass sich ein paar Einzelne bis zur Selbstaufopferung aufreiben, während es einigen anderen einfach vollkommen am Allerwertesten vorbei geht. Ein Punkt, bei dem ich argumentativ immer wieder sehr schnell zu einem meiner „Lieblingsthemen“ komme: die Macht der völlig fehlgeleiteten Medien. Wenn es einen Bereich gibt, bei dem man die Aussage „Geld ist Macht“ erkennen kann, dann ist das die Manipulation der Massen. Was hätte der ‚Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda‘ dafür gegeben, wenn er schon so etwas wie Soziale Medien in digitaler Form zur Verfügung gehabt hätte. Doch bei genauerer Betrachtung war es ja genau solch eine bahnbrechende Neuerfindung, die gerade so erst ihren Siegeszug in die Welt hinein antrat, durch die das Dritte Reich errichtet werden konnte: das Radio wurde erst 1906 so richtig für die Massen nutzbar. Ein Vierteljahrhundert später war die Welt am Arsch. Mitte der 90er Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde das Internet Dank BumBumBoris massentauglich. Lasst uns mal kurz rechnen…

Okay, es gehören immer zwei dazu, nicht nur einen, der Propaganda betreibt, sondern auch noch einen, der darauf hereinfällt. Nach zig Jahrzehnten des zu Tode Sparens des Bildungssystems und einer Politik des gesellschaftlichen Zerfledderns ist aber natürlich so absolut rein gar nicht davon auszugehen, dass es ausreichend Menschen gibt, die auf Scharlatanerie und anderen Unfug hereinfallen, nein. Pfffh.

Meine Mieter bringen es trotz aller Aufklärungsarbeit nicht fertig, den Müll ordentlich zu trennen. Plastiktüten gehören nicht in die Biotonne und Batterien nicht in den Restmüll. Wobei diese Mülltrennerei ohnehin irgendwie nur in Teilen Europas so exzessiv umgesetzt wird. Rauchen ist immer noch nicht verboten, über Haschisch werden ermüdende Dauerdiskussionen geführt, der weitaus tödlichere Alkohol bleibt ein Tabuthema. Ach, der Aufzählung von Beweisen für die menschliche Dummheit in Reinstform könnte man ein ganzes Buch widmen. Es darf wirklich niemanden wundern, dass sich die breite Masse der Bevölkerung leicht steuern lässt. Und da, wo das Steuern nicht mehr greift, wird eben der Alternativplan des gegeneinander Aufwiegelns genutzt.

Ich werde weiterhin meinen Müll nicht einfach in die Landschaft kippen. Ich werde weiterhin Elektroautos fahren, solange sie meinen Anforderungen gerecht werden und bezahlbar sind. Ich werde weiterhin meinen Fleischkonsum auf einem überschaubaren Level halten. Ich werde versuchen, Plastik zu vermeiden und keine Insektizide in den Garten kippen, wenn es nicht nötig ist. Kurzum: ich werde mich weiterhin wie ein Mensch verhalten, der die Einschätzung vertritt, dass dieser Planet nicht leiden würde, wenn sich jeder Mensch genauso verhält, wie ich selbst. Immanuel Kant und sein kategorischer Imperativ, Ihr erinnert Euch?

Aber ich werde mir definitiv kein Bein mehr ausreißen, um als leuchtendes Vorbild den Spartanismus auf die Spitze zu treiben und die Welt im Alleingang zu retten. Schon gar nicht, solange die Menschen, die das tatsächlich fast alleine stemmen könnten, sichtlich mehr auf das Vergrößern ihres Vermögens konzentrieren, als denn über die Lebensqualität ihrer Enkelkinder nachzudenken. Naja, die eigenen Enkelkinder sind bei den Überreichen sicherlich gut versorgt. Es sind dann wohl eher die Enkelkinder der restlichen paar Milliarden Menschen, deren Schicksal die heutige Generation auf dem Spieltisch verzockt.

Wir leben echt in einer sehr merkwürdigen Zeit. Oder dachte sich das vielleicht jeder Mensch in der bisherigen Geschichte zu jeder Zeit immer wieder? Vermutlich gab es das ‚perfekte Zeitalter‘ noch nicht. Vielleicht ist der Mensch nicht dazu geschaffen, sich eine perfekte Gesellschaft zu bauen. Aber träumen darf man ja noch. Träumen und hoffen.

In philosophischer Grübelei versinkende Grüße

Euer Clark

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