Klima? TWWFF statt nur FFF!

„Ich will, dass Ihr in Panik geratet. Ich will, dass Ihr die Angst spürt, die ich jeden Tag spüre. Ich will, dass Ihr handelt als würde Euer Haus brennen. DENN ES BRENNT!“
Greta Thunberg, Klimaschutzaktivistin.

Werfen wir einen Blick in das Buch der Bücher, die Bibel. Bleiben wir gleich auf den ersten Seiten. Genesis, das erste Buch Mose. Es ist Sonntag. Nach dem alten Glauben der erste Arbeitstag der Woche. Gott ist es zu Dunkel im Nichts. Er erschafft das Licht. Und die Geschichte beginnt. Fünf Tage ist der himmlische Herr fleißig und erfolgreich mit dem Erschaffen des Universums mit all seinen kleinen Details geschäftig. Der sechste Tag startet auch noch recht vielversprechend. Nachdem die Meere und die Lüfte bereits seit dem Vortag von unterschiedlichsten Lebewesen bewohnt werden, verschafft der Allmächtige nun auch den Landmassen ihre göttlichen Vielfalt der Lebewesen. Nur dann, sei es in einem Anflug von Erschöpfung oder vielleicht gar von Größenwahn, kommt Jehova auf die Idee, ein Ebenbild von sich zu erschaffen: den Menschen. Den darauf folgenden siebten Tag nutzte Gott, um sich von seiner Anstrengung auszuruhen. „Er sah, dass es gut war und segnete sein Werk.“ Ach, was sollte er sich irren. Aber das merkte er ja selbst recht schnell; die folgenden Seiten des Alten Testaments sind bekanntlich gefüllt von Mord und Totschlag und Vernichtung. Aber trotz aller Bemühungen ist dem einen Gott nicht mehr gelungen, seine fehlgeleitete Schöpfung wieder unter Kontrolle zu bringen oder gar ganz zu beseitigen.
Oder vielleicht auch nur „noch nicht„? Gottes Wege sind bekanntlich unergründlich.

Es mag also kein Zufall sein, dass sich die Teenager der heutigen Zeit gerade den Freitag – den Tag des Erschaffens dieser Fehlkonstruktion – als Tag der Demonstration ausgesucht haben. Freitage für die Zukunft. Aufstehen für den Erhalt einer Welt, in der es sich leben lässt. Wirft man mit halbwegs wachem Verstand einen Blick auf die Aktion, kann man auch sagen „Demonstrieren für eine völlige Selbstverständlichkeit“. Wenn denn da dieses eine Schöpfungsproblem nicht wäre. Der Mensch.

Verfolgt man die täglichen Nachrichten der letzten Wochen, stehen sich die beiden polarisierten Lager absolut unversöhnlich gegenüber. Und sowohl Befürworter als auch die überzeugten Gegner eines konkreteren Klimaschutzes ereifern sich in Vorwürfen gegenüber dem anderen Lager. Ein produktives Auseinandersetzen mit dem doch sehr komplexen Thema findet viel zu wenig statt. Wäre jedoch in unserer heutigen Zeit auch überraschend. Entwicklung und Teamwork waren gestern. Die Ära des Populismus ist angebrochen. Ich habe schon eine Meinung, komm mir jetzt bloß nicht mit Fakten.

Ich schrieb es bereits in früheren Blogs: für mich war mein erster Besuch auf Bali ein regelrecht traumatisierender Weckruf. Die Insel der Götter. Und dann das, was Gottes Schöpfung daraus macht. Klar, man kann Fotos für den Urlaubskatalog immer in einem Winkel aufnehmen, bei dem der Blick auf einem gewünschten Fokus liegt und alles drum herum keine Rolle spielt. Letztendlich kann man auch noch retuschieren. Und offensichtlich nicht nur auf den Fotos, sondern auch in den Köpfen der Reisenden. Denn man muss mit einer gewissen Ignoranz oder Blindheit durch die Gegend gehen, um die Umweltbeeinträchtigung zu übersehen. Ein nach meinem Eindruck bereits jetzt irreversibler Fußabdruck des Menschen. Und die Erzählungen der Einheimischen und anderer Reisender, dass Bali sogar ein Glanzlicht im asiatischen Bereich darstellt, sprich, es anderswo noch viel schlimmer aussieht, sind auch nicht dazu geeignet, mich positiv zu stimmen.

Aber es ist zu kurz gedacht, diese Problematik einfach aufs Ausland zu schieben. Mir begegnen tagtäglich Menschen mitten in unserem so fortschrittlichen Land, denen der Sinn unterschiedlicher Mülltonnen vor der Haustür völlig fremd ist. Wenn ich zuhause meinen Biomüll in die dafür gedachte braune Tonne werfe, finde ich darin so ziemlich jedes Mal eine Kunststofftüte. Brav gefüllt mit verderblichem Abfall. Aber eben verpackt in einen unverrottbaren Beutel. Mülltrennung ist ein Fremdwort. Vermutlich, weil Plastik auf den Bäumen wächst.

Beim Bahnfahren werfe ich häufig einen Blick aus dem Fenster und kann nur den Kopf schütteln. Auch an so ziemlich jeder Autobahnausfahrt präsentiert sich der gleiche Anblick. Müll in der Landschaft, wo immer man hinschaut. Dabei gönnen uns hier in Deutschland einen sehr umfangreichen Reinigungsdienst mittels Autobahnmeistereien und Bauhöfen. In anderen Ländern bleibt einfach liegen, was da liegt. Bis es der Wind und der Regen irgendwann im Laufe von vielen Jahren in die Meere transportiert. Wo es Jahrtausende dauern wird, bis insbesondere das Plastik endlich verrottet. Meistens wird es durch die Urgewalten der Natur vorher in kleinste Stückchen geschrotet, die von den Wasserbewohnern verspeist werden und letzten Endes dann auch auf unseren Tellern landen. Aber zu klein, als das man sie sehen könnte. Was so klein ist, kann nicht schädlich sein. Und wenn man krank wird, liegt das ja nur an den furchtbaren Arbeitsbedingungen und der schlechten Bezahlung. Außerdem könnte man sich ja wieder gesund zaubern lassen, wenn die medizinische Versorgung nicht so furchtbar teuer wäre. Da sollten die Politiker endlich mal was tun.

All diese Sprüche und noch viele mehr habe ich in so vielen Diskussionen der letzten Jahre schon so oft gehört. Und nun aktuell kommen durch die Fridays For Future noch massenweise weitere Sprüche dazu. Ja, ich schreibe mit Absicht „Sprüche“, denn es handelt sich bei diesen als Totschlagargument vorgebrachten Aussagen in den meisten Fällen nur um ein Bellen getroffener Hunde. Und immer wieder ein Abstellen auf eins der Extreme: sofort alles erdenklich Machbare umsetzen versus einfach erst mal abwarten und gar nichts machen. Es fehlt restlos an einer Verständigung auf einen Mittelweg. Ein Anerkennen der Dringlichkeit von der einen Seite, aber auch ein Akzeptieren der Schwerfälligkeit von Gesellschaftsänderungen durch die andere Seite.

Nun gebe ich zu, ich bin parteiisch. An der Geduld zum Warten und der Fähigkeit zu der soeben genannten Akzeptanz fehlt es mir mächtig. Dabei habe ich mir eigentlich in den vergangenen Jahren ausreichend Wissen angeeignet, um mir der Wichtigkeit einer sachlichen Diskussion für erfolgreiche Weiterentwicklung bewusst zu sein. Und doch fällt es mir zunehmend schwerer, in den jeweiligen Gesprächen ruhig und sachlich zu bleiben. Eine Erkenntnis, die mir allerdings auch wieder vor Augen führt, dass es den Vertretern des „warten wir erst einmal ab“-Lagers genauso geht. So gibt es kein Vorwärtskommen.

Was fordern die Teenager rund um Greta Thunberg denn nun eigentlich? Ganz einfach ausgedrückt: die demonstrierenden Schüler wünschen sich, dass die Weltgemeinschaft den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen über die Auswirkungen der menschlichen Handlungen mehr Aufmerksamkeit zukommen lässt. Um nicht gar zu sagen, diesen Erkenntnissen alle verfügbare Konzentration widmet. Den Wunsch richten die Heranwachsenden gezielt an die Berufsträger, von denen sie sich die entscheidende Handlungs- und Weisungsfähigkeit versprechen: die Politiker.

Nach dem zweiten Weltkrieg lag Europa flächendeckend in Schutt und Asche. Nachdem das erste Trauma abgeschüttelt war, machte sich ein unbändiger Aufbruchswille breit. Ärmel hochkrempeln und aus dem Nichts etwas Neues erschaffen. Die damals aufwachsende Generation hatte eine klare Vision vor Augen, in die sie alle ihre Kraft und Leidenschaft investierte: „unseren Kindern soll es einmal besser gehen, als uns selbst!

Und es ist dieser Nachkriegsgeneration tatsächlich gelungen. Diese Menschen haben die Grundlage für einen Wohlstand geschaffen, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat. Dabei darf man keineswegs nur den materiellen Wohlstand betrachten. Auch die Vereinigung der europäischen Kräfte, dargestellt durch zahlreiche Abkommen und Vereinbarungen, letztendlich gipfelnd im Erschaffen der Europäischen Union, sind ein beachtlicher Schritt. Niemals vorher in der dokumentierten Geschichte Europas gab es eine so lange Periode des Friedens.

Allerdings haben wir uns den Frieden mit Wohlstand erkauft. Solange es allen Menschen mehr oder weniger gut ging, funktionierte die Aufrechterhaltung des friedlichen Verhaltens recht gut. Im Namen des Luxus verheißenden ewigen Wirtschaftswachstums zählte nur das Größer, Besser, Mehr! Auf die damit einhergehenden Kollateralschäden haben immer einzelne Stimmen hingewiesen. Aber wer gegen den jeweiligen Zeitgeist versucht anzugehen, sei es gegen die Mobilisierung durch Erdöl oder die Energieversorgung durch Kernspaltung oder die Problematik der Verrottungresistenz von Kunststoffen oder all die chemischen Umwelteinflüsse oder oder oder, wurde ganz schnell mundtot gemacht. Das wollte doch keiner hören.

Eine Art modernes ‚Brot und Spiele‚ also. Und es funktionierte. Es funktioniert heute noch. Denn es ist den Kritikern niemals gelungen, ein gemeinsames Zugpferd zu finden. Und während in allen anderen Bereichen die technische Entwicklung explosionsartig wuchs, versäumte es die Gesellschaft, auch das wohl für die Zukunft wichtigste Gut dieser beschleunigten Evolution zu unterwerfen: die Bildung. Meiner persönlichen Meinung nach das Kernübel der vergangenen 50 Jahre: die sträfliche Vernachlässigung des Wissens um die Wichtigkeit von Wissen.

Strom kommt aus der Steckdose. Aber wie kommt er da hin? Plastik ist praktisch. Aber wo kommt es her? Reinigungsmittel zu 98% biologisch abbaubar. Schon mal nachgerechnet, auf welche Summen sich die restlichen 2% aufaddieren? Kühe sind lila und Enten gelb, was sonst? Über viele dieser Punkte kann man schmunzeln. Aber wie bei jeder gelungenen Sartiere steckt auch hierin ein Funken Wahrheit. Aus den aktuellen Nachrichten fällt mir da beispielsweise das Thema der Impf-Verpflichtung ein. Warum muss man hier zu einer Zwangsmaßnahme greifen? Weil es an Bildung fehlt. Verwunderlich, dass Alufolie nicht konstant ausverkauft ist, bei der Menge Hüte, die offensichtlich ständig gebraucht werden.

Aluminium ist das am meisten vorhandene Metall, aber in der Gewinnung ungeheuer energieaufwändig. Und Energie produzieren wir rund um den Globus nach wie vor überwiegend aus fossilen Brennstoffen. Selbige welche beim Verbrennen vor allem ein Gas erzeugen, von dem zwischenzeitlich ausgiebig erforscht und nachgewiesen ist, dass es eine katastrophale Wirkung auf unser Klima hat: Kohlendioxid, bekannter unter der chemischen Bezeichnung CO2. Daher eignet sich der Punkt hervorragend, um zum eigentlichen Thema des Blogeintrags zurückzukehren: Fridays for Future. Rettet das Klima. Rettet den Planeten. Irgendeiner. Irgendjemand. Irgendwann. Bloß nicht ich. Und schon gar nicht jetzt.

In meinen Jugendtagen schlüpften die „Die Grünen“ aus dem Ei und brachten erstmals das Thema Umweltpolitik in die breite Diskussion. Nur scheint mit der zweiten und dritten Generation an Politikern in dieser Partei die Luft für den Umweltschutz ein bisschen raus zu sein. Es hat sich eine gewisse Wohlstandsgemütlichkeit eingeschlichen, bei der die eigentlich fürs Wachrütteln zuständigen Parteien offensichtlich restlos von ihrer Spur abgekommen sind. Gilt ja nicht nur für die Grünen, sondern für die Roten und die Gelben gleichermaßen.
Selbst Greenpeace taucht in den Nachrichten nur noch auf, wenn ein weiterer Skandal innerhalb der Umweltorganisation aufgedeckt wird. Wirklich „aktiv“ für die Umwelt und das Klima sind tatsächlich offensichtlich nur noch einzelne Großkonzerne, solange sie es irgendwie für ihre Werbekampagnen brauchen. Habe ich nicht auch schon den einen oder anderen Kasten Krombacher geleert, um den Urwald zu schützen? Was allerdings tatsächlich eine gute Tat war; deshalb wundert sich selbst der WWF bis heute, warum diese Werbeaktion gesetzlich verboten wurde.

Tja, was mache ich denn persönlich für die Umwelt? Gerade in den letzten Monaten wurde ich für die Tauchreisen kritisiert, für die ich mich in ein Flugzeug setzen musste. An dem Punkt komme ich dann wieder zu dem oben schon erwähnten Denken der Extreme. Statt eines – und sei es nur moralischen – Verbotes des Fliegens ist weit mehr ein komplettes Umdenken der Gesellschaft als Ganzes erforderlich. Es nutzt meines Erachtens nach nichts, einseitig Verbote auszusprechen. Im Gegenteil, bekanntlich fördern Verbote meistens nur noch den Reiz an der Sache. Insbesondere, wenn die Verbote nicht für alle gelten, sondern man sich durch eine andere Staatsangehörigkeit oder schlichtweg nur ausreichend Geld davon freikaufen kann. Nein, Verbote sind der falsche Weg.

Man muss nicht unbedingt ein Befürworter der Walldorfschulen sein, um anzuerkennen, dass Erklärung und Aufklärung vielleicht kurzfristig die wesentlich anstrengendere, langfristig aber die weitaus erfolgreichere und nachhaltigere Praxis darstellen. Und wieder lande ich bei dem oben schon angeschnittenen Thema: Bildung! An dieser Stelle muss ich jedoch vielleicht einen erläuternden Satz dazwischen schieben. „Bildung“ ist nicht, die Namen der amerikanischen Präsidenten oder die Jahresdaten der einzelnen europäischen Kriege runterrattern zu können. Bildung ist nicht, die Hälfte der Werke deutscher Dichter aus dem Kopf rezitieren und interpretieren zu können. All das ist lobenswerte Spitzenausbildung, aber Letzten Endes Nischenwissen für einzelne Anforderung. Mit „Bildung“ meine ich die Erkenntnis, dass nicht jeder Mensch, der außerhalb der heute geltenden deutschen Grenzen geboren wurde automatisch ein Verbrecher ist. Zu Bildung gehört, dass es auch in anderen Ländern Menschen gibt, die ganz normale Alltagsprobleme zu bewältigen haben. Die morgens aufstehen müssen und irgendeiner Beschäftigung nachgehen, um sich selbst und ihre Kinder zu ernähren. Dass es Menschen gibt, die im Kalten leben und sich die Wärme wünschen. Und Menschen, die ohne Wasser in der Hitze leben und sich gar nicht vorstellen können, dass es angenehmere Regionen auf dieser Erde gibt. „Bildung“ als Basisgut ist etwas viel allgemeineres, als die doch ziemlich unzeitgemäß engstirnig eingepaukte Schulbildung.

Und zu einer solchen Allgemeinbildung gehört definitiv „Reisen“ dazu. Ich bin davon überzeugt, dass wir in einer wesentlich friedvolleren Welt leben würden, wenn es für Schüler weltweit verpflichtend wäre, vor dem zwanzigsten Geburtstag mindestens vier komplette Halbjahre in jeweils einem anderen Land dieser Welt gelebt zu haben. Kinder, die bei ihren Besuchen zuhause Berichte über das Erlebte an ihre Eltern weitergeben, ziehen mit Sicherheit noch einen Teil der älteren Generationenen mit. Für diese Reisen sollten weiterhin Flieger am Himmel verkehren. Die hierbei entstehenden Schadstoffe sind akzeptabel, weil sinnvoll investiert. Und ich glaube fest daran, dass Menschen, die sich staatenübergreifend verstehen, deutlich weniger zur Waffe greifen, sondern das eingesparte Kapital lieber in die Forschung investieren. Ich bin sicher, dass es möglich ist, Flugzeuge mit weniger oder gar keinem Schadstoffausstoß zu betreiben. Bei den derzeit bevorzugten Mittelstrecken- und Interkontinentalraketen gibt es jedoch keine ASU-Plakette.

Und da sind wir dann auch wieder bei den Forderungen der streikenden Schüler. Die Leithammel der Menschheit müssten etwas ändern, um innerhalb von ein bis zwei Generationen ein komplettes Umdenken des menschlichen Miteinanders loszutreten. Das Wachrütteln ist also in Richtung der Politik gut platziert. Theoretisch zumindest.

Lange Rede, kurzer Sinn: ich stehe vollständig hinter der Aktion! Und doch bin ich skeptisch bezüglich der Erfolgsaussichten der Schülerstreiks. Ja, der Pessimist in mir sieht für die Aktion Fridays For Future sogar überhaupt keine Erfolgsaussichten. Ich formuliere meine Gedanken in den folgenden sechs Punkten mit Absicht ein wenig provokativ. Und bin dankbar für jeden, der mit haltbaren Aussagen dagegen argumentiert. Denn auch das möchten die Schüler – und auch ich selbst – durchaus als nützlichen Nebeneffekt mit lostreten: eine offene, breit aufgestellte Diskussion über den Klima- und Umweltschutz. Überall. In den Chefetagen der Weltkonzerne, in den Marketingabteilungen der Wohlstandsversorger, in der Regionalpolitik und am Stammtisch. Überall sollte das Thema in aller Munde sein.

Jedoch, wie gesagt, ich bin skeptisch. Hat Fridays For Future Aussicht auf Erfolg? Ich bezweifle es, weil…

Punkt 1: Zu schwach!

Früher, damals, in der gar nicht so lange zurück liegenden und doch längst vergessenen Vergangenheit unseres Landes war der Beruf des Lehrers einmal hoch angesehen. Auch bei den Schülern stellte sich ein richtiges Gefühl der Ehre ein, in eine Schule und zu einem Lehrer gehen zu dürfen. Alte Filme greifen diesen Zustand noch auf. In unserem heutigen Denken jedoch ist ‚Schule‘ etwas, wo Kinder geparkt werden, damit sie den mit dem restlichen Leben vollauf ausgelasteten Eltern aus den Füßen sind. Und Lehrer sind ja ohnehin nur noch Taugenichtse, die es zu nichts besserem gebracht haben, als denn den größten Teil des Jahres in Ferien herum zu lungern. Wirklich ernst genommen werden weder die einen noch die anderen.

Schulen und Universitäten sind lästige Bestandteile der öffentlichen Infrastruktur, die ständig nach mehr Geld schreien, obwohl die Mittel doch ohnehin schon knapp sind. Lärmintensive hässliche Bauwerke, die den Mietspiegel im Umfeld in den Keller ziehen. Es gibt tausendundein Kriterium, das jeder von uns immer wieder zu hören bekommt, wenn es um Schule und Schüler geht. Keins davon ist in unserer heutigen Weltsicht positiv belegt.

Es bedürfte daher dringend der Unterstützung von angesehenerer Seite, um der Bewegung die Aufmerksamkeit zukommen zu lassen, die ihr gebührt. Auf Schüler hört keiner. Auf ungezogene Schulschwänzer schon gar nicht.

Da müsste schon mal eine Fußballmannschaft aus der Bundesliga oder gar höheren Wettbewerben 10 Sekunden vor dem Anpfiff geschlossen vom Platz marschieren. Oder einer der Daily-Soap-Fernsehsender zur besten Sendezeit für drei Stunden das Programm einstellen. Oder sämtliche Mobilfunkprovider geschlossen für eine Stunde den Netzbetrieb abschalten. Irgendetwas in dieser Richtung mit dem Hinweis am Ende „Hört endlich zu, wenn die Jugend spricht!“. Dann und nur dann sehe ich Hoffnung für die Aktion.

Punkt 2: Zu früh!

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Und vor allem ein Rudeltier, das ein Leithammel braucht. Ohne wirkliche Not verändert niemand seinen Lebensstil oder seine Denkweise. Eine uralte psychologische Weisheit: ohne Schmerzpunkt keine Handlung.

Und Not haben die Menschen in Europa noch nicht. Ja, okay, die Sommer sind ein bisschen arg warm. Aber noch kommt ja ausreichend Wasser aus der Leitung und wenn es in der Bude zu warm wird, drehen wir eben die Klimaanlage ein bisschen höher. Irgendwelches Verhalten deswegen ändern? Gar eine andere Gruppierung als Volksvertreter wählen? Ach, den armen Politikern ist doch auch nur zu warm. Lassen wir es besser mal, wie es ist. Setzen wir das Kreuzchen einfach wieder dahin, wo wir es die letzten Jahrzehnte auch schon gesetzt haben.

Nein, wirklichen Handlungsbedarf sieht derzeit noch ein viel zu kleiner Teil der Bevölkerung. Komplexe Zusammenhänge bekommen die meisten Menschen im Alltag schon nicht mehr verstanden. Da ist es zudem überhaupt nicht hilfreich, wenn der eine oder andere Wissenschaftler wahrheitsgemäß publiziert, dass man die Zusammenhänge des Klimas noch nicht restlos erforscht hat.

Solange bei der breiten Masse der Menschheit banale Dinge, wie Mülltrennung und ‚Heizung in nicht genutzten Räumen runterdrehen‘ und ‚beim Zähneputzen den Wasserhahn zudrehen‘ nicht funktionieren, brauchen wir uns über wirklich große Veränderungen noch gar keine Gedanken zu machen.

Da haben die Teenager natürlich Recht: Bewegung in die Massen käme nur, wenn denn die Rahmenbedingungen dafür sich verändern. Diese Rahmenbedingungen werden erheblich von Politikern gestaltet. Aber die wollen ja gewählt werden. Was bestimmt nicht der Fall ist, wenn sie ihr Wahlvolk mit unangenehmen Themen quälen.

Um wirklich etwas zu erreichen, bräuchte man die Unterstützung der Massen. Die leben jedoch noch im gesättigten Wohlstand und sehen daher noch keinen Handlungsbedarf. Es ist noch zu früh, um hier den Initialimpuls zu setzen.

Punkt 3: Zu spät!

So unendlich viele von Menschenhand angeschobene, zerstörerische Dinge sind irreversibel. Es gibt ausreichend seriöse Studien, die selbst für den Fall eines sofortigen Aufhörens einzelner Umweltbelastungen trotzdem erhebliche, ja existenzbedrohende Folgewirkungen prognostizieren.

Man denke an den Raucher, der weiter raucht, weil er vom Arzt bestätigt bekommt, dass seine Lunge noch keine Anzeichen von Krebs aufweist. Genau der selbe Raucher zeigt in der Regel keinerlei Verständnis für die Aussage des Arztes, er könne jetzt ruhig auch weiter rauchen, wenn denn der Befund erst einmal positiv ausgefallen sein sollte. So gehen wir auch mit der Umwelt um. In vielen Bereichen ist der ‚point of no return‘ längst erreicht oder gar überschritten. Ans Aufhören denken wir jedoch noch lange nicht.

Es wird weiterhin über territoriale Regionen gestritten. Es wird weiterhin gemeuchelt und gemordet, nur um den eingebildeten Willen irgendeiner Lichtgestalt auszudrücken. Es wird im Namen des Kapitalismus auch weiterhin zur Reichtumsvermehrung Einzelner die breite Masse und eben auch die Natur ausgebeutet. Es werden Waffen entwickelt und gebaut, wie sie tödlicher für Mensch, Tier und Umwelt gar nicht sein können. Die Menschheit beweist von A bis Z eine solche Schwarmdummheit, dass man jeden Glauben an das Gute verlieren kann.

Gesellschaften einzelner Länder zu einem Umdenken zu bewegen, wird selbst bei optimistischster Betrachtung ein Prozess von Jahrhunderten sein. Das Ergebnis des Umdenkens bräuchten wir jedoch eigentlich unbedingt global und ganz, ganz kurzfristig.

Wenn es denn nur der (Plastik-)Müll wäre, um den es zu kümmern gilt, könnte man vielleicht noch voller Hoffnung sein. Aber die oben schon erwähnten Kampfstoffe (über deren Menge und Verteilung aus angeblich der ‚Sicherheit‘ dienenden Gründen gar nicht geredet wird). Oder die chemische Belastung der Umwelt schon alleine durch den Abbau der Energieressourcen. Hierunter fallen nicht nur die Gewinnung von Erdöl und Gas und Kohle, sondern auch atomares Spaltmaterial und die enormen Zerstörungen, die als Abfallprodukt der „sauberen“ Elektro-Lösungen anfallen. Landschaftszerstörungen durch Staudämme und andere Beeinflussungen riesiger Regionen. Ausrotten von Tierarten zu Land und im Wasser, deren Funktion im Zusammenleben der Natur wir noch nicht ansatzweise überblicken. Und viele, viele große und kleine Dinge mehr, die es ultradringend sofort zu stoppen gilt. Sofort. Nicht im Laufe der nächsten hundert Jahre. Sofort.

Aber auch wenn man sich in der Geschichte der gesellschaftlichen Entwicklung anschaut, was der Mensch nur alleine im Laufe der vergangenen 200 Jahre alles kaputt gemacht hat, dürfte es vermutlich locker ein Jahrtausend dauern, bis eine Umkehr im Verhalten für erkennbare Zeichen sorgt. Eher mehr. Jeder kennt das: einen Rettungsring um den Bauchnabel angefressen hat man sich schnell. Aber mittels Diät und Sport und jeder Menge Kampf gegen den inneren Schweinehund dauert es ein Vielfaches an Zeit, diese überflüssigen Pfunde wieder los zu werden.
So viel Zeit wird uns Mutter Natur jedoch kaum mehr lassen.

Punkt 4: Zu klein!

Europa mag wirtschaftlich auf diesem Globus eine führende Rolle spielen. Gesellschaftlich tut es das nicht. Wenn ein kleiner Prozentsatz dieser Bevölkerung sich für ein Thema erhebt, interessiert das die Weltgemeinschaft herzlich wenig.

Laut Wikipedia sind am besten Tag der Fridays for Future 1,75 Millionen Menschen auf die Straße gegangen. Verteilt auf einige Länder und Dutzende Städte. Das ist ein Hauch von nichts.

Länder, aus denen in Sachen Umgang mit der Umwelt nur wenig bekannt ist sowie Länder, aus denen bekannt ist, dass man beim Erreichen wirtschaftlicher Ziele nicht die geringste Rücksicht auf die Umwelt nimmt, nehmen an den Fridays For Future überhaupt nicht teil. Es handelt sich bei diesen Ländern zusammengerechnet um mehr als die Hälfte des bewohnten Globus. Dort hat weder die Jugend noch die Gesellschaft allgemein auch nur eine Antenne für die Brisanz dieses Themas. Teilweise sogar verständlich, denn wir reden hier über Länder, in denen die Sehnsucht nach Wohlstand noch übermächtig ist. Und in denen teilweise auch schlichtweg der nackte Kampf ums Überleben im Vordergrund steht. An die Umwelt zu denken ist da das unwichtigste Thema überhaupt.

Natürlich kommt man auch mit kleinen Nadelstichen zum Ziel, wenn man einen ausreichend langen Atem hat. Viele Veränderungen in der menschlichen Geschichte wurden auf diese Stechmücken-Variante erreicht. Nun besteht in dem besonderen Falle des Klimas allerdings das Problem, dass „Zeit“ nicht mehr unbedingt in ausreichender Menge zur Verfügung steht.

Punkt 5: Falsche Zielgruppe!

Eingeschossen hat sich die FFF-Gruppierung auf „die Politiker“. Nur… das sind letzten Endes Vertreter des Volkswillens. Es würden ganz automatisch ganz andere Politiker eine ganz andere Politik machen, wenn denn die Wähler innerhalb der Demokratie ein Interesse daran hätten. Man kann also nicht Politiker werden respektive bleiben, wenn man nicht das umsetzt, was die Wähler sich wünschen. Und wenn es etwas gibt, das sich aus den diversen Wahlen der letzten Jahre herauslesen lässt, dann dass es gar keinen klar erkennbaren Wählerwillen mehr gibt. Brexit, Präsidentschaftswahl Trump, Bundestagswahlen in Deutschland, aber auch die Wahlen in den anderen Ländern der EU oder dem Rest der Welt: überall werden Wahlen nur noch durch winzige Vorsprünge entschieden. Oder eben durch unglücksverheißende Koalitionen von Parteien, die programmatisch eigentlich nicht wirklich zusammen passen, aber zum reinen Machterhalt Kompromisse ohne Ende eingehen. Ob das Ergebnis noch irgendwem dient, wird da zur Nebensache.

Es gilt also eigentlich, nicht die Politiker zu beeinflussen. Denn die machen nur ihren Job. Man denke an die Wankelmütigkeit unserer Regierung der vergangenen Jahrzehnte. Atomkraft nein, Atomkraft doch. Atomkraft lieber doch nicht. Ach, die Wirtschaft lebt davon. Also dann doch. Ups, in Japan hat Mutter Natur gezeigt, dass die Technik doch nicht so sicher ist. Vielleicht lassen wir es doch besser sein…
Ist das eine klare Linie? Und – den Gedanken weiter verfolgend – was kann man darauf geben, wenn solch eine Regierung auf einmal anfängt, von Umweltschutz zu reden? Tut sie das nächsten Monat auch noch? Sind die getroffenen Regelungen was wert? Oder bröckelt das alles wieder, sobald das Thema ‚Geld‘ zur Sprache kommt?

Nein, beeinflussen muss man diejenigen, die dafür zuständig sind, die Politiker zu wählen. Die Wähler. „Das Volk“. Kann man das? Ja, indem man für mündige Wähler sorgt. Ich schieße mich daher immer wieder auf die Bildung ein. Mehr Bildung für alle Völker und dann einen langen Atem.

Ach ja, da war ja was. Der lange Atem. Was prognostizierten die letzten seriösen wissenschaftlichen Untersuchungen noch? Zehn Jahre, plus minus ein Bisschen was. Dann ist es eh egal. Dann geht es nur noch bergab, ohne dass die Menschheit auch nur das geringste Bisschen dagegen unternehmen könnte.

Mag sein, dass diese Wissenschaftler sich verrechnet haben und es nicht zehn, sondern 30 Jahre sind, die noch zum Handeln bleiben. Seien wir großzügig, geben wir der Menschheit 100 Jahre. Drei bis vier komplette Generationen.

Folgen diese dem Aufbruchwillen? Oder eher der Verlockung des „weiter so“?
Auf jeden Fall folgen sie den Politikern.
Die sie selbst gewählt haben.

Punkt 6: Unscharfes Zielgebiet!

Um die Umwelt-Problematik zu verdeutlichen, werden immer wieder einzelne Teilbereiche herausgegriffen. Manche dieser Teilbereiche sind schon so groß, dass sie das Vorstellungsvermögen der fachfremden, also der „normalen“ Menschen dermaßen weit übersteigen. Beispielsweise der Plastikmüll in den Ozeanen oder die Endlagerprobleme beim Atommüll. Aber nur die wenigsten Organisationen unternehmen auch nur den Versuch, ein Gesamtbild dessen zu erstellen, was der Mensch mit dem Globus anstellt. Wer damit anfängt, solche Themen zusammen zu tragen, erkennt irgendwann die Aussichtslosigkeit. Die Aussichtslosigkeit des Unterfangens, jemals alle Probleme in einem Katalog zu vereinen. Und damit einhergehend die Aussichtslosigkeit, diese Problem jemals noch unter Kontrolle zu bekommen.

Vor ein paar Jahren wurde die ICE-Trasse entlang der Autobahn A3 gebaut. Ich war zu der Zeit sehr viel auf dieser Fernstraße unterwegs. Und immer wieder fasziniert, wenn ich die im Vergleich zur Umgebung winzigen Lkws auf den Baustellen sah. Trotzdem haben es diese kleinen Ameisen im Laufe einer verhältnismäßig kurzen Zeit geschafft, Berge verschwinden zu lassen und neue aufzubauen. Löcher im Boden und Brücken über Täler zu erstellen. Alles in riesigen Dimensionen. Und wenn man mal einen Kohle-Tagebau oder einen Staudammbau besichtigt hat, erkennt man, dass die Bauarbeiten an der A3 ein unbedeutendes Nichts darstellen, im Vergleich zu dem, was der Mensch tatsächlich umsetzen kann. Ganz abwegig ist es also nicht, sich auszumalen, dass bei einem Umdenken in der Klimapolitik eine Wende zum Guten vorstellbar sein könnte. Der Mensch könnte es vielleicht wirklich schaffen, all die von ihm verursachten Schäden wieder zurück zu drehen.

Aber er müsste sich dazu langsam mal vom Sofa erheben und Inventur machen. Die Liste dessen, wo Handlungsbedarf besteht, ist bereits so extrem lang: Luftverschmutzung, Klimawandel und daraus resultierende Naturkatastrophen, Abholzen der Wälder, Artensterben und Ausrottung von Tierarten, Bodenerosion und Landschaftsvergiftung sowie letztendlich die nicht zu leugnende Überbevölkerung bzw. hierbei hauptsächlich das Auseinanderklaffen von arm und reich. Wo denn anfangen?

Mit einem pauschalen „Tut was!“ haben die Teenager leichtes Reden. Es ist schwierig, auch nur an einem der Probleme anzusetzen, ohne die Interessen eines Teils der Menschheit zu benachteiligen. Bedienen muss man jedoch die Vorteile der Menschen, von denen man in die mächtige Position gehoben wurde, überhaupt etwas ändern zu können. Da wird es leicht, sich in Ausreden zu flüchten und Verantwortung von sich zu weisen. Zweckmäßiger wäre es, klare Handlungsanweisungen zu geben oder zumindest klare Zielforderungen zu formulieren. Aber wer soll die aufstellen? Die streikenden Schüler? Alleine können sie das nicht. Dazu brauchen sie Hilfe. Die Hilfe von jedem von uns. Jedem!

Sollte es vielleicht doch einen Gott geben? Ein Gott, der vielleicht nicht allmächtig ist, aber dafür einen recht ausgeprägten Sinn für schwarzen Humor hat? Warum sollte er denn noch einmal wie im Falle der Sintflut oder auch von Sodom und Gomorra selbst aktiv werden und die misslungenen Menschen schweißtreibend auslöschen? Warum sich die göttlichen Hände schmutzig machen, wenn der Mensch das auch schon ganz alleine erledigt? Für einen Gott sind tausend Jahre keine Zeiteinheit, eher nur ein Augenzwinkern. Dem Menschen reicht eine wesentlich kürzere Zeitspanne, um sich selbst jegliche Lebensgrundlage zu vernichten. Und er tut das mit einer solchen Professionalität, dass es vielleicht sogar amüsant ist, von der Zuschauerloge aus zuzusehen. Irgendwann wird es dann eben wieder dunkel. Was soll’s. Dann startet er eben eine neue Schöpfungsgeschichte. Nur dann vielleicht ohne solch einen zweibeinigen Fehler im System.

Diskussionsfreudige Grüße

Euer Clark

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